Charlie Brown I
Du bist wunderschön und es gibt nichts, was ich an Dir ändern will. Deine blauen Augen erinnern mich an längst vergangene Tage der Euphorie, die ich nie erleben durfte. Blaugrau, wie weit ferne Felsen, umschlossen vom ewigen Eis des Nordens. Ich will Deinen Mund küssen, ewiglich bis die Zeit den Tod be- siegt, denn verfallen bin ich dem Geschmack, der mich ewiglich an diesen Sommer er- innern wird. Schmiege mich an Dich an allen Donau- stränden, neuen wie alten, mein schwerer Kopf ruht auf Deiner weichen Haut, Du liegst auf dem Rücken und ich umschließe Deine verführerischen Hüften, halte Deinen Pastekenhintern fest und sicher, als sei es eine zerbrechliche Kost- barkeit. Du bist alles andere als zerbrechlich, kein Porzellan, das zer- springt, fässt man es falsch an, nein, du bist stark, du hast alles im Griff und Du brauchst keinen Be- schützer. Du brauchst mich nicht. Die Welt muss ich Dir nicht erklären, Du kennst Dich längst aus. Du navigierst mit einer Leichtigkeit, um die ich Dich nur be- neiden kann. Dich nur süß wie Zucker zu befinden, wäre ein schlimmes Verbrechen, und doch will ich Dich in den Armen halten und Dir vor- lesen, beobachten wie schön sich Deine Mundwinkel vor Entzückung nach oben krümmen, wenn ich Dir sage, wie wunderschön Du bist, obwohl Du es längst weißt. Ich kenne Dich seit kurzem erst und ich weiß, Du wirst diese Zeilen nie lesen, denn wenn es angebracht wäre, sie Dir zu zeigen, ist es sicher längst vorbei, hast Du mich längst vergessen, weil ich etwas unüberlegtes gesagt oder getan habe, nichts bös- artiges, aber sicher- lich chaotisches. Dir ein Gedicht schreiben, zum Beispiel. Ich will Dich zur Muse, aber vielleicht will ich mehr, vielleicht mit Dir ans Meer, irgendwo wo es kalt ist, weil Du das besser er- trägst als diese Hitze jetzt. Wir in dicken Jacken, hoch im Norden oder tief im Süden, um uns die Felsen im Eismeer, die ich aus Deinen Augen schon kenne. Und wenn es mich friert, gibst Du mir einen Kuss und ich erinnere mich an den ersten Tag mit Dir im Sommer, den ich auch dann nicht vergesse, wenn die Jahre bereits ins Land gezogen sind und Du Dein Glück ganz woanders ge- funden hast. Und ehe ich erfriere, denke ich an Deine Brust, die in mir eine letzte Hitze auslöst, meinen Kopf zwischen Deinen sehnsüchtigen Schenkeln, die mich ein letztes Mal schwitzen lassen. Ewiglich, bis das die Zeit den Tod besiegt, denke ich an Dich, wenn ich schreibe, an Deine Schönheit, Deine Stärke, Deinen Geist, Dein Ich, das so einen tiefen Eindruck hinterlassen hat. Und fühle mich dabei wie ein Verbrecher.
Charlie Brown II
Ich hasse es, daß ich Dich jetzt kennen- gelernt habe und Du erstmal vier Wochen nicht in Wien bist. Ich hasse mich dafür, daß ich Dich einmal ge- troffen und schon das Gefühl habe, daß ich Dich jeden Tag bei mir haben will. Ich kenne Dich doch über- haupt nicht, wie komme ich auf diesen Gedanken, Dich so oft wie möglich in meiner Nähe haben zu wollen? C'est pas drôle, Charlie, aber wahrscheinlich würdest Du mich dafür auslachen, daß ich so ein dummer Junge bin. Ich kenne Dich seit zwei Tagen und habe Dir schon eine Playlist gemacht, weil ich ein dummer Junge bin, der Dich mag. Französische Lieder, Chansons und Rock’n’Roll, dabei weiß ich doch nicht mal, ob Du sowas anhören würdest. Ich weiß gar nichts über Dich, und doch mag ich Dich und will alles über Dich erfahren, alles, was es zu erfahren gibt. Bitte, bitte. Bitte, bitte, lass es ein bisschen Klick machen bei Dir, weil ich will Dir alles erzählen über mich, was ich sonst noch niemandem erzählt habe, Charlie. Du sollst alles wissen und nur die Wahrheit, nicht die Lügen, die ich sonst erzähle, um bei Anderen dazu zu gehören. Zwei Tage, und schon zwei Gedichte für Dich, über Dich. Werde ich sie Dir jemals zeigen, werde ich sie jemals veröffentlichen? Wirst Du sie dann lesen, in vielen Jahren, wenn Du mich bereits vergessen hast und dann bereuen, daß ich keine Chance hatte? Oder wirst Du sie lesen, laut darüber lachen und denken, was hat er sich nur eingebildet damals, dieser dumme Junge? Wahrscheinlich ist es so, könnte ich alles mehr ge- nießen, wenn ich weniger denken müsste, einfach die Zeit mit Dir genießen. Oh Charlie, c'est impossible, vier Wochen ohne Dich, was wenn Du einen anderen triffst oder längst hast, denn Du viel lieber magst? Küsse sagen mehr als tausend Worte, hab ich mal gelesen, aber Deine kann ich nicht lesen, was bedeutete der Abschiedskuss? Deine Lippen sanft wie Seide, versprachen alles und zu- gleich auch nichts, woher soll ich nur wissen, was Du über mich denkst? Nach zwei Tagen, gerade mal zwei kurze Tage kennst Du mich, Du weißt nichts und ich weiß nichts, zu- sammen sind wir unwissend. Je suis le dauphin de la place Dauphine Et la place Blanche a mauvaise mine Les camions sont pleins de lait Les balayeurs sont pleins de balais Il est cinq heures, Charlie s'éveille
Charlie Brown III
Ich wollte, daß Du meine Muse bist. Du hast gelacht und zugesagt, hast Du es wirklich ernst genommen? Jetzt schreib ich schon ein drittes Gedicht wegen Dir, über Dich und frage mich, ob Du nicht mehr bist als eine Inspiration?
Charlie Brown IV
Ein Viertes, dann muss Schluss sein, sonst ver- renne ich mich. Kann es selbst nicht glauben, daß ich mich verknallt habe. Denn genau genommen, gab es keinen Grund dafür, ich hab es einfach so hingenommen, daß ich bei Dir sein will. Doch Du wolltest nicht oder hattest einfach besseres zu tun, das kann man Dir auch nicht verübeln, dann warst Du weg. Einen Brief habe ich Dir schreiben wollen ins Zelt- lager, einen kitschigen, kitschigen Brief mit einem Gedicht. Schließlich hab ich es nicht getan, denke ich, den Brief verflucht und mich verflucht und Deine blauen Augen. Hab ihn weggegeben, damit ich ihn nicht daheim habe und ständig an Dich denke, es hat auch nicht geholfen. Vier Wochen nur von Dir geträumt und gewünscht, Du meldest Dich aus Rom und schreibst mir schöne Zeilen. Jetzt bist Du wohl zu- rück, aber werde ich Dich jemals wieder sehen und wirst Du mich küssen, weil Du mich vermisst hast? Die Hoffnung stirbt zu- letzt, aber ich hatte keine to begin with, also sollte ich Dich lieber bald vergessen, oder nicht? Charlie Brown, vergiss mich nicht, oder ist es längst geschehen? Ein Blick von Dir kann Zukunft sein, oder Ewig Wehen. Wenn Du wüsstest, wie es mir geht, wenn ich an Dich denke, musst Du mich für wahnsinnig halten. Aber was hätte ich denn dagegen ausrichten können?